Integration am Arbeitsmarkt mit Win-Win–Effekt
Sandra Belcia wirkt noch sehr zurückhaltend, Fatoumata Binta Diallo kleidet das lange, schwarz-gelbe Kleid in heimatlicher Tradition ausgesprochen gut und Thitapha Pagels schaut sich gespannt im Foyer des „Haus Greefsgarten“ an der Viersener Ringstraße um. Eine deutsche Senioreneinrichtung ist für diese drei Frauen aus Rumänien, Guinea und Thailand augenscheinlich noch unbekanntes Terrain. Schön, dass sie heute von Betriebswirtin Cleopatra Nieland und Sozialarbeiterin Maria Furdui vom Viersener Kontaktladen Aufbruch begleitet werden. Mehr noch: Der Besuch in der Einrichtung der Unternehmensgruppe Seniorenzentrum der Evangelischen Kirchengemeinde Viersen wurde von ihnen initiiert und mit den heutigen Teilnehmerinnen intensiv vorbereitet. Eine sensible Aufgabe, denn für diese Frauen auf Jobsuche sind meist Selbstzweifel und Berührungsängste riesengroß. Ziel ist es, sich trotz Migrationshintergrund nach Möglichkeit auf dem 1. Arbeitsmarkt in Deutschland zu qualifizieren.
„Beim potenziellen Arbeitgeber einfach mal anzuklopfen und im Idealfall sogar „einen Fuß in die Türe zu bekommen“, erscheint unseren Klienten zunächst als schier unüberwindbare Barriere“, berichtet Maria Furdui aus Ihrer langjährigen Erfahrung“. Sie weiß aber auch: „Wenn das erste Eis mit unserer Unterstützung bricht, gleichzeitig Vertrauen in die eigenen Sprachkompetenzen zunimmt und sich ein gemeinsames Hineinschnuppern in Betriebe und Arbeitsprozesse der neuen Heimat gut anfühlt, dann kann das sehr, sehr mutig machen.“
Ganz viel Mut brauchen nämlich die meisten Bewerber mit Migrationshintergrund auch für die nächsten Schritte auf dem Weg zum heiß ersehnten Job in Deutschland: Bewerbung, Vorstellungsgespräch, im Idealfall auch ein Praktikum.
„Aber all‘ das ist kein Hexenwerk“, beruhigt Susanne Thewißen-Beckers. Sie kümmert sich in der Unternehmensgruppe Seniorenzentrum der Ev. Kirchengemeinde Viersen um das Personal-Recruiting. „Wir versuchen den Menschen, die sich für einen Job bei uns interessieren, bereits beim ersten Kontakt die Schwellenängste zu nehmen. Erstens soll sich keiner befangen fühlen, weil er unsere Landessprache – noch – nicht perfekt beherrscht, zweitens ist es ja kein Geheimnis, dass wir gerade im Pflegebereich mit einer gewissen Konstanz auf Personalsuche sind.“
Deshalb netzwerkte sie auch sofort Richtung Kontaktladen Aufbruch, ein Projekt des gemeinnützigen Vereins BRÜCKENBAU e.V. gemeinsam mit der Stadt Viersen und der Hochschule Niederheim im Rahmen des ESF-Bundesprogrammes „Bildung, Wirtschaft, Arbeit im Quartier-BIWAQ“, als man dort ein Informations- und Unterstützungsangebot speziell zum Thema „Perspektiven in der Pflege“ startete. Monate später hat sich aus einem ersten Treffen schon eine sehr fruchtbare Kooperation entwickelt.
„Es konnten bereits einige unserer Klienten erfolgreich in den ein oder anderen Bereich der Unternehmensgruppe Seniorenzentrum vermittelt werden. Tatsächlich auch in die Pflege, aber nicht nur. Auch bei der zuarbeitenden SGV Servicegesellschaft Viersen sind die ersten Frauen, die wir im Kontaktladen Aufbruch betreuen, nun in Lohn und Brot.“
Bettina Annuß, Leitung der SGV und Susanne Thewißen-Beckers schauen jetzt immer wieder beim Kontaktladen an der Burgstraße vorbei, beraten und beratschlagen dort gemeinsam mit Maria Furdui und Cleopatra Nieland. Umgekehrt kommen diese jetzt etwa monatlich mit interessierten Frauen und Männern in die Pflegeeinrichtungen des Unternehmens, „Haus Greefsgarten“ und „Haus am Nordkanal“. Heute ist es wieder so weit. Die Besucher werden im „Haus Greefsgarten“ vom stellvertretenden Pflegedienstleiter Frank Simonsen und der Wohnbereichsleitung Sonja Mavrovitis empfangen.
„Bei einer Tasse Kaffee in gemütlicher Runde plaudern wir erst einmal miteinander. Wir stellen uns gegenseitig vor, tauschen uns über Wünsche und Perspektiven bei der Jobsuche aus und dann starten wir einen Rundgang durchs Haus“, berichtet Frank Simonsen und Sonja Mavrovitis fügt hinzu:
„Wir spüren, wie die Gäste im Laufe der gemeinsamen Zeit nach und nach ihre anfängliche Scheu ablegen und manchmal kommt es schon bei einem solchen ersten Termin zu konkreten Verabredungen.“ Heute können sich zwei Damen vorstellen, als Pflegehelferinnen ins „Haus Greefsgarten“ zu kommen, eine sieht sich eher im Servicebereich der SGV. Mit den Mitarbeiterinnen im Kontaktladen werden sie nun ihre Bewerbungen vorbereiten und bald zu Einzelgesprächen und Praktika wiederkehren. Der Grundstein für einen beruflichen Einstieg ist damit erfolgreich gelegt.
Im Kontaktladen Aufbruch freut man sich über jede gelungene Hilfestellung bei der beruflichen Integration.
„Unser Angebot richtet sich nicht ausschließlich an Menschen mit Migrationshintergrund“, erklärt Maria Furdui.
„Wir begleiten gerne jeden, der mit unserer Hilfe seine Potenziale (neu-) entdecken und auf seinem Weg in einen Job unsere Unterstützung annehmen möchte. Die Teilnahme an allen Angeboten ist freiwillig und kostenlos.“
Kontaktladen Aufbruch: Burgstr. 2, 41747 Viersen, Öffnungszeiten in der Regel: Mo – Fr von 09:00 bis 15:00 Uhr (und nach Vereinbarung), Tel. 02162 – 919 42 03 u. 0177 – 148 08 58, kontaktladen@brueckenbau-viersen.de
stb
Pressespiegel:
Rheinische Post, 28. Juli 2022